Geologischer Dienst plant Forschungsbohrung in Krefeld

Aus warmem Wasser im tiefen Untergrund könnte in Zukunft in Krefeld Energie gewonnen werden. Das Verfahren nennt sich Tiefengeothermie und nutzt die Wärmeenergie aus der Erde.

Krefeld – Durch die Gewinnung dieser regenerativen Energie würde Krefeld einen weiteren Schritt auf dem Weg in die Klimaneutralität unternehmen. Um das Potenzial von Tiefengeothermie zu untersuchen, wird der Geologische Dienst NRW (GD NRW) im Rahmen eines landesweiten Explorations- und Bohrprogramms Anfang 2025 in Krefeld eine Forschungsbohrung vornehmen. Die Ergebnisse dieser Bohrung liefern auch Rückschlüsse auf das geothermische Potenzial der erweiterten Region. Krefelds Umweltdezernentin Sabine Lauxen begrüßt dieses Vorhaben: „Wir freuen uns, dass der Geologische Dienst in Krefeld mithilfe einer Tiefbohrung das Potenzial für Tiefengeothermie erkunden will. Geothermie kann ein zentraler Baustein unserer Wärmeenergieplanung werden. Sie wird vor Ort gewonnen, ist quasi unerschöpflich und macht uns unabhängiger von fossilen Energien wie Öl und Gas.“

Wärmeerzeugung aus Geothermie soll in NRW deutlich ausgebaut werden

In einem gemeinsamen Pressegespräch von Stadtverwaltung und Geologischem Dienst haben Sabine Lauxen und Diplom-Geologe Ingo Schäfer das konkrete Projekt vorgestellt und die Chancen für die sogenannte hydrothermale Geothermie aufgezeigt. Die Arbeiten sind Teil des „Masterplan Geothermie NRW“ des NRW-Wirtschaftsministeriums. Der Masterplan stellt dar, wie die Wärmeerzeugung aus Geothermie in Nordrhein-Westfalen innerhalb der kommenden 20 Jahre auf 24 bis 33 Terrawattstunden pro Jahr ausgebaut werden soll. Zum Vergleich: Ein Atomkraftwerk liefert durchschnittlich rund zehn Terrawattstunden pro Jahr. Bis 2045 sollen so bis zu 20 Prozent des Wärmebedarfs im Land durch Geothermie gedeckt werden.
Bei einer Wärmegewinnung mittels hydrothermaler Geothermie wird warmes Wasser über ein Bohrloch an die Oberfläche gefördert. Über Wärmetauscher wird dem Wasser die Wärme entzogen, die dann entweder ins Fernwärmenetz eingespeist wird oder dazu verwendet werden kann, ein Quartier zu beheizen. Das abgekühlte Wasser wiederum wird über ein zweites Bohrloch zurück in den Entnahmehorizont geführt.

Beeinträchtigungen für Anwohner sollen so gering wie möglich ausfallen

Die Forschungsbohrung soll in Krefeld auf dem Parkplatz hinter dem Stadthaus am Konrad-Adenauer-Platz/Girmesgath stattfinden. Nach aktueller Planung wird der hintere Bereich des Parkplatzes am Stadthaus für drei bis vier Monate ab Spätherbst gesperrt bleiben. Für die Bohrung selbst ist ein Zeitraum von etwa acht Wochen geplant. Die Planung wurde so vorgenommen, dass bei Veranstaltungen in der Yayla-Arena die Beeinträchtigungen so gering wie möglich sind. Für die Anlieger würden generell die Auswirkungen so gering wie möglich ausfallen, sagte Ingo Schäfer. Sicherheitsrisiken gebe es bei einer Bohrung dieser Art nicht. Auch Erschütterungen werde es nicht geben. Damit es nicht zu Geräuschemissionen kommt, werden Lärmschutzwände aufgestellt. Das Bohrloch wird mit einem Standrohr und mit einer Zementhülle vom Untergrund abgeschirmt. Auf diese Weise wird das Grundwasser vor dem mit Mineralien angereicherten Tiefenwasser geschützt.

Gesucht wird bei der Forschungsbohrung nach einer Kalksteinschicht, in der im Idealfall in Klüften und Spalten so viel warmes Wasser fließt, dass es zur Wärmegewinnung genutzt werden kann. Je tiefer der Kalkstein liegt, desto wärmer ist das darin enthaltene Wasser. Ob warmes Wasser im Untergrund vorhanden ist und wie viel gefördert werden könnte, soll mithilfe der Forschungsbohrung ermittelt werden.

Nötige Kalksteinschicht ist durch seismische Messung bestätigt worden

Dass generell die notwendige Kalksteinschicht im Untergrund von Krefeld vorhanden ist, hat der GD NRW durch 2D-seismische Messungen herausgefunden. Bei diesen Messungen bewegen sich sogenannte Vibro-Trucks entlang von Messlinien, halten an zuvor festgelegten Messpunkten an und schicken dort über eine hydraulisch absenkbare Rüttelplatte, die sich unterhalb des Fahrzeugs befindet, Schwingungen (Schallwellen) in den Untergrund. Diese Vibrationen werden an den Grenzschichten verschiedener Gesteine reflektiert und von speziellen Mikrophonen, sogenannten Geophonen, aufgezeichnet. Die Auswertung der aufgezeichneten Daten ergibt ein zweidimensionales Bild des Untergrundes.

Die seismischen Untersuchungen des GD NRW im Rheinland im Jahr 2022 lieferten Rückschlüsse auf die im Untergrund vorkommenden Gesteine, insbesondere die Kalksteine des sogenannten „Kohlenkalks“. Die Mächtigkeit des Kohlenkalks wird auf etwa 300 Meter geschätzt. In Krefeld, am geplanten Bohrpunkt, wird er in Tiefen von 400 bis 700 Metern vermutet. Nach Nordosten hin taucht der Kohlenkalk in größere Tiefen ab. Die geplante Forschungsbohrung soll den Kohlenkalk einmal komplett durchörtern. Da der Kohlenkalk am Bohrpunkt gegebenenfalls auch tiefer liegen könnte als bisher vermutet, ist eine Bohrung bis maximal 1.000 Meter Tiefe geplant. Sie wird jedoch beendet, sobald die Unterkante des Kohlenkalks erreicht wird. Die Auswahl des Ansatzpunktes für die Forschungsbohrung fiel deshalb auf Krefeld, weil man hier den Kohlenkalk vergleichsweise oberflächennah erbohren kann und nicht gleich 1.000 Meter oder tiefer bohren muss. Das bedeutet einen geringen Aufwand bei möglichem hohen Erkenntnisgewinn. Bei späteren Bohrprojekten können auch größere Tiefen aufgesucht werden, in denen die Wassertemperatur noch höher ist.

Da sich die Forschungsbohrung derzeit noch in der Ausschreibung befindet, können die Kosten hierfür derzeit nur grob angegeben werden. Die Schätzung der Bohrkosten inklusive eines umfangreichen Untersuchungsprogrammes liegt bei rund drei Millionen Euro. Finanziert wird die Bohrung durch das Land NRW. Spätere Bohrungen der Stadtwerke Krefeld mit dem Ziel der konkreten Nutzung der Wärmeenergie würden weniger kostenintensiv sein, so Ingo Schäfer. Die Untersuchungsergebnisse sind laut Geologischem Dienst repräsentativ für den Aufbau des gesamten Untergrunds in der Region. Die Forschungsbohrung in Krefeld hat damit eine große Strahlkraft auch für umliegende Kommunen.

Das Bohrloch wird einen Durchmesser von etwa 60 Zentimetern haben und nach unten hin schmaler werden. Ab einer Tiefe von etwa 300 Metern, mit Erreichen des Festgesteins, wird im Seilkernbohrverfahren gebohrt, um durchgehende Gesteinsproben zu erhalten. Eine Kamera wird im Anschluss das Bohrloch aufnehmen, und mithilfe von Sonden werden umfangreiche geophysikalische Bohrlochmessungen geplant.

Frühere Bohrung traf Kohlenkalk in Tiefe von 280 Metern an

Im Klimaausschuss haben die Stadtverwaltung und der GD NRW am 27. Juni über die Forschungsbohrung informiert und die Fragen der Politik beantwortet. So erklärte Ingo Schäfer, dass das näher zu untersuchende Kalkgestein vor rund 363 bis 340 Millionen Jahren während der sogenannten Devon- bis zur frühen Karbonzeit aus Kalkschlämmen am Meeresboden entstand. Der jetzt geplante Bohrpunkt am Stadthaus befindet sich zwischen zwei existierenden Krefelder Bohrpunkten. Auf dem Gelände des Geologischen Dienstes sind 1987 die Bohrungen GLA 1und 2 umgesetzt worden. Damals wurde der Kohlenkalk in einer Tiefe von 280 Metern angetroffen. Lange davor war bereits im Jahr 1891 im Bereich „Krefelder Sprudel“ am Flünnertzdyk nach Kohle gesucht worden. Stattdessen fand man Mineralwasser, das bis in die 1950er Jahre gefördert wurde. Der historische Förderturm ist vielen Krefelderinnen und Krefeldern bekannt.

Der GD NRW wird in anderen Landesteilen noch weitere Forschungsbohrungen dieser Art vornehmen. Wenn Kommunen künftig selbst Geothermie-Projekte umsetzen, gibt es beim Land NRW für geplante Bohrungen eine Absicherung des Fündigkeitsrisikos. Das Land wird einen Teil der Kosten der Kommunen übernehmen, wenn eine Bohrung nicht den erhofften Erfolg bringt.

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