Industrie fordert öffentliche Investitionen in Höhe von 400 Milliarden Euro

Die Industrie hat sich mit eigenen Berechnungen zum Investitionsbedarf in Deutschland in den Haushaltsstreit eingeschaltet.

Die Industrie hat sich mit eigenen Berechnungen zum Investitionsbedarf in Deutschland in den Haushaltsstreit eingeschaltet. „In den Haushaltsplanungen der öffentlichen Hand fehlen über die kommenden zehn Jahre Mittel für Investitionen und Förderprogramme von rund 400 Milliarden Euro“, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) am Mittwoch. Das Geld müsse vor allem in Verkehr und Bildung sowie in die „grüne Transformation“ und den „Aufbau wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit“ fließen.

„Das Industrieland Deutschland hat über Jahrzehnte zu wenig investiert, und jetzt kommen neue Investitionsbedarfe hinzu“, erklärte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Wir müssen die Transformation zu einem klimaneutralen und digitalen Land beschleunigen, das fordert uns in den kommenden zehn Jahren gewaltig.“ Die Finanzierung dafür müsse jetzt geklärt werden.

Der BDI gibt an, mit seiner Berechnung eine „Informationslücke in der politischen Debatte“ zu schließen. Die Experten des Verbandes hätten die gesetzlich festgelegten Ziele mit den Haushaltsplanungen von Bund, Ländern und Kommunen abgeglichen. Die mit Abstand größte Finanzierungslücke klafft demnach im Bereich Infrastruktur: 315 Milliarden Euro fehlen für Verkehrswege, Bildungseinrichtungen und den Gebäude- bzw. Wohnungsbau.

In anderen Feldern sei der bislang nicht gedeckte Finanzbedarf „überschaubar“, erklärte der BDI. Etwa falle die Finanzierungslücke bei klimapolitischen Maßnahmen wie der Dekarbonisierung der Industrie und dem Aufbau von Tank- und Ladeinfrastrukturen mit sechs bis sieben Milliarden Euro pro Jahr „moderat“ aus. Allerdings fehlten in den Berechnungen mehrere Kostenpunkte im Energiebereich, weil die politischen Entscheidungen etwa für den Umbau des Stromnetzes oder die Infrastruktur von Wasserstoff noch nicht gefallen seien.

Zugleich spricht sich der BDI gegen die Abschaffung oder das Aufweichen der Schuldenbremse aus. „Vielmehr muss die Politik Ausgaben konsequenter als bislang priorisieren und zudem Gelder effizienter einsetzen“, erklärten die Wirtschaftsvertreter. Außerdem brauche es „strukturelle Reformen“ gegen den Fachkräftemangel und zum Bürokratieabbau. Sollte dies gelingen, hält der BDI auch „präzise zweckgebundene und zeitlich klar definierte Sondervermögen“ für angemessen.

In der Ampel-Koalition wird derzeit heftig um die Haushaltsplanung für das kommende Jahr gerungen. Die FDP lehnt jegliche Ausnahmen von der Schuldenbremse ebenso ab wie mögliche Steuererhöhungen. Umgekehrt wehren sich SPD und Grüne gegen Kürzungen im Sozialbereich oder beim Klimaschutz.

„Spätestens seit dem Karlsruher Haushaltsurteil ist klar, dass es keine einfachen Lösungen gibt“, kritisierte BDI-Chef Russwurm. „Dieser Komplexität wird die seit Monaten ergebnislos geführte politische Debatte mit einer einseitigen Parteinahme pro Schulden oder pro Sparen nicht im Ansatz gerecht.“

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts hatten Mitte November die Verschiebung ungenutzter Corona-Kredite in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für unzulässig erklärt. Dies sorgte für ein zweistelliges Milliardenloch im Etat für 2024.
© AFP

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