Bei den Kommunalwahlen in Thüringen hat die CDU trotz teils deutlicher Zuwächse für AfD in großen Teilen die Abstimmungen dominiert. Bei den Landrats-, Oberbürgermeister- und Bürgermeisterwahlen wurden die Christdemokraten landesweit stärkste Partei, während die AfD vor Abschluss der Stimmauszählung für die Kreistage und Stadträte am Montag noch dicht hinter der CDU lag, wie aus den Daten des Landesamts für Statistik hervorging.
Die Auszählung dauerte am Nachmittag noch an. Nach Auswertung von fast 95 Prozent der Kreistags- und Stadtratswahlen lag die CDU mit 27,4 Prozent vorn. Die AfD folgte mit rund 26 Prozent. Wählervereinigungen und Bündnisse kamen auf rund 20 Prozent. Die SPD folgte mit 11,3 Prozent, die Linke mit 8,8 Prozent, die Grünen mit 3,9 Prozent. Die drei Thüringer Regierungsparteien Linke, SPD und Grüne fuhren allesamt Verluste ein, ebenso die FDP.
Teilweise fuhren die Christdemokraten nur denkbar knappe Siege ein. So erreichten CDU und AfD im Saale-Holzland-Kreis je 27 Prozent, die CDU holte aber rund hundert Stimmen mehr. Die Christdemokraten dominieren auch die Stadträte der kreisfreien Städte Jena, Weimar, Erfurt und Suhl, während die vom Verfassungsschutz in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD im Stadtrat von Gera ihre Mehrheit behauptete.
Nach der Auszählung des Großteils der Stimmen zeichnete sich ab, dass AfD und CDU voraussichtlich in jeweils acht von 17 Kreistagen stärkste Partei sein werden. Im Kreis Hildburghausen gewannen die Freien Wähler die Kreistagswahl.
Bei den Landrats- und Bürgermeisterwahlen blieb die AfD im ersten Anlauf weitgehend erfolglos, in zahlreichen Fällen geht sie in zwei Wochen aber in die Stichwahlen. Bei den Oberbürgermeisterwahlen in den kreisfreien Städten blieb die AfD erfolglos.
Nur über einen der 13 zur Wahl stehenden Landratsposten wurde am Sonntag bereits entschieden. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen verteidigte die SPD im ersten Anlauf den Posten. Im Landkreis Altenburger Land bekam der AfD-Kandidat Heiko Philipp die meisten Stimmen, er muss aber in die Stichwahl. Im vergangenen Jahr hatte die AfD in Thüringen den bundesweit ersten und bisher einzigen Landratsposten gewonnen.
In acht weiteren Kreisen gehen die zweitplatzierten AfD-Bewerber in die Stichwahl. Im Landkreis Hildburghausen schaffte es der bundesweit bekannte Rechtsextremist und frühere NPD-Funktionär Tommy Frenck in die Stichwahl mit dem Kandidaten der Freien Wähler, Sven Gregor. ,Einen Achtungserfolg erzielte das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das erstmals bei einer Wahl antrat und aus dem Stand in mehreren Kreisen zweistellige Ergebnisse einfuhr. Bei den Kreistagswahlen in den Kreisen Gotha, Greiz, Sonneberg und im Wartburgkreis kam das BSW auf Stimmenanteile zwischen 7,6 Prozent in Sonneberg und 12,4 Prozent in Gotha.
In einem Ortsteil von Bleicherode im Landkreis Nordhausen gewann der BSW-Kandidat Robert Henning zudem die Wahl des Ortschaftsbürgermeisters. Das aus einer Abspaltung von der Linkspartei hervorgegangene BSW will bei der Europawahl sowie den Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg antreten, wo es auf den Einzug in die Landesparlamente hofft.
Insgesamt waren am Sonntag rund 1,7 Millionen Menschen zur Stimmabgabe bei der Kommunalwahl aufgerufen. Gewählt wurden neben Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern die Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte. Die Kommunalwahl galt auch als Stimmungstest für die Landtagswahl in Thüringen am 1. September.
Die Thüringer Grünen zeigten sich enttäuscht über ihr Abschneiden bei der Kommunalwahl und sprachen von einem „Rückschlag“. Landessprecher Max Reschke erklärte, in den Wahlergebnissen spiegle sich „Die aufgehetzte Stimmung der letzten Monate insbesondere gegen uns Bündnisgrüne“. Es zeige sich „ein deutlicher Rechtsrutsch in den Räten“.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund rief die Wähler in Thüringen zur Teilnahme an den Stichwahlen auf. Es sei „erschreckend“, dass es vereinzelt Extremisten gelungen sei, in Stichwahlen einzuziehen, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gehe nun darum, die Demokratie zu stärken.
Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sieht nach den Kommunalwahlen keinen Grund zur Entwarnung. „Die Ergebnisse der Kommunalwahlen sind ein kleiner Hoffnungsschimmer, aber lassen bei weitem noch nicht aufatmen“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Demokratie brauche weiter wehrhafte Wählerinnen und Wähler.
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