In deutschen Krankenhäusern gibt es einer Analyse der Krankenkasse AOK zufolge anhaltende Qualitätsdefizite bei der Behandlung von Krebs- und Notfallpatienten. 18 Prozent der an der Brustkrebsversorgung beteiligten Krankenhäuser operierten 2022 weniger als 25 Fälle, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten sogenannten Krankenhausreport 2024 der AOK hervorging. „Bei solchen Fallzahlen kann man nicht davon ausgehen, dass es in diesen Kliniken ein routiniertes Behandlungsteam oder gar eine eingespielte Prozesskette gibt“, erklärte Christian Günster vom Wissenschaftlichen Institut der AOK.
Über 9000 Frauen mit Brustkrebs seien in Krankenhäusern behandelt worden, die dafür nicht optimal aufgestellt seien. Während in Sachsen-Anhalt jede vierte Operation in einer nicht von der Deutschen Krebsgesellschaft oder einer vergleichbar zertifizierten Klinik stattfand, waren es in Berlin nur 0,2 Prozent.
Der Konzentrationsprozess müsse gerade bei Krebsbehandlungen beschleunigt werden. „Denn wenn wir im bisherigen Tempo weitermachen, würde es 20 Jahre dauern, bis alle Patientinnen und Patienten mit Krebs in zertifizierten Zentren behandelt werden“, erklärte Günster.
Auch viele Herzinfarktpatienten würden nicht optimal versorgt. Von den rund 191.000 Herzinfarktfällen wurden 4,9 Prozent in Kliniken behandelt, die kein Katheterlabor haben. Davon waren rund 9400 Menschen betroffen. Besonders deutlich war das Problem in jenen 368 Kliniken, die 2022 weniger als 25 Fälle behandelten. Nur jede fünfte Klinik in dieser Gruppe hat ein entsprechendes Labor.
Auch in diesem Bereich gab es zum Teil große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Im Saarland wurde jeder neunte Herzinfarkt in einer Klinik ohne Herzkatheterlabor behandelt. In Hamburg wurden hingegen fast alle Betroffenen in eine Klinik mit Herzkatheterlabor eingewiesen. Bereits 2018 waren das Saarland und Hamburg auf dem letzten beziehungsweise ersten Platz.
„Ganz offensichtlich gibt es in einigen Bundesländern nach wie vor große Probleme bei der Steuerung der Patientinnen und Patienten in die geeigneten Kliniken, denn eigentlich haben wir in Deutschland keinen Mangel an Herzkatheterlaboren“, erklärte Günster.
Die Strukturreform zur Verbesserung der Behandlungsqualität dürfe bei der geplanten Krankenhausreform nicht von der Finanzierungsreform entkoppelt werden, erklärte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Sonst drohe das Gesetz zu einer „teuren leeren Hülle ohne positive Effekte für die Versorgung“ zu werden. ,Dass die verbindliche Definition der Leistungsgruppen erst später geregelt werden soll, kritisierte Reimann. „Die Vorgaben, welche Klinik in Zukunft welche Leistungen erbringen darf, würden damit auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben“, erklärte sie.
Gleichzeitig würde das Geld weiterhin per Gießkanne auf die Kliniken verteilt, wodurch „ineffiziente Krankenhausabteilungen mit schlechten Qualitätsergebnissen“ weiterhin finanziert würden. Das verursache Leid bei den Patienten und hohe Folgekosten für Beitragszahler.
Reimann forderte eine Verpflichtung der Länder, Versorgungsaufträge nur an die Krankenhäuser zu vergeben, die entsprechende Mindestvorhaltezahlen erreichen. Eine solche Vorgabe fehle im derzeit vorliegenden Entwurf zur Krankenhausreform.
Angesichts andauernder Fallzahleneinbrüche und einer sinkenden Auslastung der Krankenhäuser sei eine Reform der Finanzierung dringend nötig. Reimann kritisierte auch, dass die Hälfte der Kosten für den Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden soll. Sie forderte Bund und Länder dazu auf, die Kosten aus Steuergeldern zu bezahlen.
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