Sachverständigenrat: Deutschland muss schnell Weichen für Renaturierung stellen

Deutschland muss nach Einschätzung des Sachverständigenrats für Umweltfragen auf nationaler Ebene rasch die Weichen für eine Wiederherstellung der Umwelt stellen - unabhängig vom stockenden Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene.

Deutschland muss nach Einschätzung des Sachverständigenrats für Umweltfragen auf nationaler Ebene rasch die Weichen für eine Wiederherstellung der Umwelt stellen – unabhängig vom stockenden Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene. Der Zustand vieler Ökosysteme hierzulande habe sich weiter verschlechtert, daher müsse die „verbliebene Natur nicht nur geschützt, sondern ihr Zustand auch aktiv wieder verbessert werden“, heißt es in der Stellungnahme des Beratergremiums der Bundesregierung.

Es gehe darum, sowohl die bestehenden Schutzgebiete aufzuwerten als auch mehr landwirtschaftliche Flächen und Wälder naturnäher und zukunftsfähiger zu bewirtschaften. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nahm die Empfehlungen zur Renaturierung am Freitag in Berlin entgegen. Sie stehen im Kontext der geplanten EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, die den Staaten verbindliche Renaturierungsziele vorgibt.

Dass das fertige EU-Gesetz „überraschend“ bislang keine qualifizierte Mehrheit gefunden habe, „enttäuscht uns“, sagte Sachverständigenratsmitglied Josef Settele in Berlin. Die Bundesregierung müsse sich weiter dafür einsetzen, dass das Gesetz verabschiedet werde. Sie müsse außerdem unabhängig von der Situation auf EU-Ebene die Renaturierung auf nationaler Ebene „dringend angehen“.

Der Sachverständigenrat Umwelt empfahl in seiner Stellungnahme unter anderem, einen nationalen Plan mit klaren und verbindlichen Zielen für Gebiete zu erarbeiten, die renaturiert werden sollen. Dabei geht es kurz gesagt darum, dort die Umweltzerstörung zurückzudrehen – etwa entwässerte Flussauen und Moore wieder zu vernässen und Wälder wieder natürlicher wachsen zu lassen. Das könne nur gemeinsam als Aufgabenteilung von Bund und Ländern gelingen.

Außerdem sei es nötig, die Landnutzenden sowie Organisationen vor Ort mit einzubinden, führte Gremiumsmitglied Wolfgang Köck aus. Auch professionelle Akteure wie die kommunalen Grünflächenämter und weitere kommunale Unternehmen müssten eingesetzt werden. Nicht zuletzt gehe es um das Leitbild der „multifunktionalen Landnutzung“ – also die Vereinbarkeit von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen einerseits und die ökologische Wiederherstellung andererseits.

„Gesunde und stabile Ökosysteme sind unsere Überlebensversicherung und unser Partner im Kampf gegen die Klimakrise, denn sie alle sind ein natürlicher CO2-Speicher“, sagte Lemke dazu in Berlin. Zum Renaturierungsgesetz auf EU-Ebene, das momentan an der nötigen Mehrheit scheitert, sagte sie, Deutschland stehe unverändert dahinter. Es sei möglich, es in den kommenden Monaten zu verabschieden, „wenn der politische Wille der Mitgliedstaaten da ist“.

Das Gesetz verpflichtet die EU-Länder, bis 2030 mindestens je 20 Prozent der Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen und bis 2050 alle bedrohten Ökosysteme. Darauf hatten sich die Unterhändler der Mitgliedstaaten im November mit den Abgeordneten des Europaparlaments geeinigt. Die finale Zustimmung der EU-Länder galt eigentlich als Formalie, die belgische Ratspräsidentschaft sagte vergangenen Monat die Abstimmung jedoch ab, weil sich keine Mehrheit abzeichnete.
© AFP

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