Krefeld – Die Zahl von 102 Unfällen bedeutet einen Höchststand in den vergangenen zehn Jahren. Mit der Initiative Fairkehr, die seit 25 Jahren besteht, versuchen die Stadtverwaltung, die Polizei und die Verkehrswacht gemeinsam die Zahl der Kinderunfälle zu minimieren und den Straßenraum sicherer für Kinder zu machen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben die Fairkehr-Partner die neuen Kinderunfallzahlen vorgestellt und angekündigt, dass neue Maßnahmen entwickelt werden, um gegen die steigende Zahl an Kinderunfällen anzuarbeiten.
Anzahl der Unfälle auf dem Schulweg verringern
Eine der Maßnahmen in diesem Konzept ist es, die Zahl von Unfällen auf dem Schulweg zu verringern, wie Chantal Ojstersek von der Stadtverwaltung, Abteilungsleiterin für den Bereich Verkehrliche Infrastruktur, darstellte. „Hintergrund ist ein Erlass des Landes NRW zum Thema Sperrungen von Schulstraßen“, sagt sie. In Krefeld sind bereits an mehreren Schulen Elternhaltestellen eingerichtet worden. Die Stadtverwaltung hat jetzt mit mehreren Fachbereichen sowie dem Kommunalbetrieb und der Polizei eine Arbeitsgruppe gebildet, in der mögliche Sperrungen einzelner Straßen vor Grundschulen zu bestimmten Uhrzeiten besprochen werden sollen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass es nicht zu einer Verlagerung von Elterntaxis in andere problematische Bereiche kommen soll. Ein Leitfaden für die Schulen zwecks Vorprüfung sei derzeit in Arbeit, so Chantal Ojstersek.
Im Langzeitvergleich sind die Unfallzahlen mit Kindern deutlich gesunken. Dennis Beutelt stellte für die Stadtverwaltung als derzeit Verantwortlicher für die Initiative Fairkehr die Zahlen im Detail vor. Waren es im Jahr 1976 noch 297 verunfallte Kinder im Straßenverkehr, so konnte diese Zahl auch mithilfe der Initiative Fairkehr in den vergangenen Jahren stets auf einen Wert zwischen 70 und 100 Unfällen gesenkt werden. Zuletzt war allerdings ein steigender Trend zu beobachten, nach 100 Unfällen im Jahr 2019 fiel die Zahl in Coronazeiten auf 69 (2020), stieg dann auf 73 (2021), und 86 (2022). „Wir hoffen darauf, dass in den nächsten Jahren unsere Zahlen wieder rückläufig sind“, sagte Dennis Beutelt. Die Unfälle verteilen sich auf das gesamte Stadtgebiet. Zu den Unfallursachen gehören falsches Überqueren der Fahrbahn, schlechte Sichtbarkeit, ein Missachten der Vorfahrt des Pkws sowie die fehlende Nutzung des Fahrradhelms oder falsche Benutzung des Radwegs. „Wenn Unfallschwerpunkte auftauchen, reagieren wir“, betonte Beutelt.
Statistiken zu den Kinderunfällen
Statistisch erfasst werden auch die Unfallzeiten. Polizeioberrätin Verena Fischer aus der Direktion Verkehr stellte diese Zahlen für die Polizei dar. Begleitet wurde sie von ihrer Kollegin, Polizeihauptkommissarin Stephanie Schepers aus der Abteilung Opferschutz. Die meisten Kinder verunglückten 2023 im Juni (13), die wenigsten im Januar (1). Im Wochentagsvergleich geschehen die meisten Unfälle mittwochs (18,28 Prozent) und freitags (18,28 Prozent), die wenigsten am Donnerstag (11,83 Prozent) und Sonntag (8,60 Prozent). Im Tagesvergleich geschehen die meisten Unfälle zwischen 13 und 18 Uhr, also zum Schulschluss und im Freizeitverkehr (61 Prozent). 2023 sind bei den insgesamt 102 Unfällen mit Kindern 72 als aktive Verkehrsteilnehmende verunglückt, 30 als passive Verkehrsteilnehmende. 93 Kinder wurden leicht verletzt, neun schwer. Auffällig ist, dass im vergangenen Jahr die Zahl der verunfallten Mädchen (50) und Jungen (52) fast gleichauf liegt, während in den Vorjahren stets die Jungen in der Überzahl waren. 32 Kinder wurden als Fußgänger verletzt, 25 als mitfahrende Kinder im Pkw und 40 Kinder auf dem Fahrrad.
Fairkehr-Maßnahmen sollen den Straßenverkehr für Kinder sicherer machen
Die 1999 gegründete Krefelder Initiative Fairkehr hat das Ziel, den Straßenverkehr für Kinder sicherer zu machen. Zahlreiche Aktionen werden dafür in Kindertageseinrichtungen (Kitas) und Schulen angeboten. „Es wird viel Arbeit geleistet, um zu verhindern, dass Kinderunfälle passieren“, sagt Dennis Beutelt. Dazu zählen Kinderstadtpläne, der Schulplan und der Schulradwegeplan, Fußgängerurkunden an Vorschulkinder sowie der Mobilpass, eine Broschüre für die Eltern der Vorschulkinder, die Puppenbühne für Erstklässler, Verkehrssicherheitstraining der Polizei an Kitas und Schulen, die Fahrradprüfung an Grundschulen im vierten Schuljahr, die Aktionen „Toter Winkel“ und „Licht an/Black Box“ sowie die monatliche Verkehrsbesprechung der Initiative zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Manuel Többen von der Verkehrswacht stellte in der Pressekonferenz auch einen speziellen Pappbogen vor, der Kindern an die Hand gegeben werden kann und mit dem der „Tote Winkel“ simuliert werden kann. Die Kinder sehen durch die Fenster in diesem Pappbogen, welches Sichtfeld ein Lkw-Fahrer hat und wie wenig sichtbar Kinder für den Fahrer im Toten Winkel sind. „Das ist ein spielerischer Ansatz, der zu einer Sensibilisierung führt“, sagt Többen.
Im Sommer wird zudem der Abschluss der Studie zur Freizeitmobilität von Kindern im Alter zwischen sechs und 14 Jahren vorliegen. Dies kündigte Chantal Ojstersek von der Stadtverwaltung an: „Die Studie wird von der Stadt Krefeld und der Bergischen Universität Wuppertal vorgenommen. Aktuell finden dazu immer noch Verkehrsbeobachtungen an insgesamt 30 Stellen in Krefeld statt.“ Zur Anwendung kommt ein Methodenmix aus Literaturanalyse, Befragung und Verhaltensbeobachtung. Aus dieser Studie sollen dann einzelne Handlungsfelder abgeleitet werden. „Die Zahl der Kinderunfälle hat sich seit der Gründung von Fairkehr vor 25 Jahren bereits reduziert, aber immer noch nicht genug. Wir sehen im Freizeitbereich ein großes Potenzial, Kinderunfälle weiter zu minimieren“, sagt Chantal Ojstersek.