Gutachten: Kindergrundsicherung hat Potenzial für Vereinfachung von Sozialleistungen

Die geplante Kindergrundsicherung hat einem Gutachten des Normenkontrollrats zufolge "das Potenzial für Vereinfachungen" von Sozialleistungen.

Die geplante Kindergrundsicherung hat einem Gutachten zufolge „das Potenzial für Vereinfachungen“ von Sozialleistungen. Allerdings brauche es „noch mutigere Ansätze“, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des Nationalen Normenkontrollrats (NKR), der die Bundesregierung hinsichtlich des bürokratischen Aufwands von Gesetzen berät. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte es erfreulich, dass der NKR die Kindergrundsicherung „als solche positiv bewertet“.

Die Gutachter sprechen sich dafür aus, „die Kindergrundsicherung als Einstieg in eine zukunftsfähige Sozialleistungsverwaltung“ zu nutzen. Als gebündelte Leistung zur Deckung des alltäglichen Bedarfs von Kindern könne sie „ein bedeutender Bestandteil einer effektiven und effizienten Sozialleistungsverwaltung sein“. Das Potenzial sei allerdings noch nicht ausgeschöpft, unter anderem, „weil Leistungsbestandteile nicht konsequent gebündelt, angrenzende Leistungen wie Bürgergeld und Wohngeld nicht ausreichend adressiert und Behördenkontakte nicht reduziert, sondern erhöht wurden“.

Mit dem geplanten Kinderchancenportal verpasse es der Gesetzentwurf zudem, „zu einem einfachen und einheitlichen digitalen Zugang zu Sozialleistungen beizutragen“. Insgesamt bescheinigen die Gutachter dem Vorhaben aber das Potenzial, als Einstieg in eine zukunftsfähige Sozialleistungsverwaltung zu dienen: „Politik und Verwaltung sollten dies zum Anlass nehmen, die Debatte auf die Gesamtarchitektur des Systems auszuweiten und eine nachhaltige Reform einzuleiten.“

Familienministerin Paus erklärte: „Leistungen bündeln, digitalisieren und pauschalieren, so kann die Kindergrundsicherung wesentliche Elemente einer zukunftsfähigen Sozialleistungsverwaltung umsetzen.“ Es sei ein gutes Zeichen, „wenn der Nationale Normenkontrollrat empfiehlt, die Kindergrundsicherung zu nutzen, um die Grundlagen für eine effizientere und effektivere Sozialleistungsverwaltung zu schaffen“.

Der Staat sollte alles dafür tun, „dass Menschen auch die Leistungen erhalten, auf die sie einen Anspruch haben“, betonte Paus. „Denn die Betroffenen sind keine Bittsteller, sondern sie haben ein Recht auf Leistung. Das gilt erst recht, wenn es sich um von Armut betroffene Kinder handelt.“

Das Gutachten mit dem Titel „Wege aus der Komplexitätsfalle – Vereinfachung und Automatisierung von Sozialleistungen“ wurde von dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungskonzerns Deloitte erstellt. Am Beispiel der geplanten Kindergrundsicherung wurde der Bürokratieaufwand für die Leistungsberechtigten und die Verwaltung untersucht.

Der NKR-Vorsitzende Lutz Goebel erklärte: „Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch. Seine Strukturen sind zu verworren, seine Leistungen kommen viel zu oft nicht bei den Betroffenen an.“ Er sprach von einem „intransparenten System von nicht aufeinander abgestimmten staatlichen Leistungen“. Dieses müsse „komplett entflochten und besser sortiert werden“. Sozialleistungen müssten mehr gebündelt und pauschaliert werden. Es gehe „nicht um weniger Leistung, sondern um einfachere Strukturen, leichtere Zugänglichkeit und bessere Qualität“.

Die Ampel-Koalition hatte sich im vergangenen Sommer auf die Kindergrundsicherung geeinigt. Diese soll ab 2025 wesentliche Familienleistungen bündeln und leichter zugänglich machen. Die Leistungen werden bisher teilweise gar nicht in Anspruch genommen, weil Anträge zu kompliziert oder einzelne Leistung nicht bekannt sind.
© AFP

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