Das Land Baden-Württemberg muss auch Menschen ohne Coronaimpfung beziehungsweise ihren Arbeitgebern eine Entschädigung für den Verdienstausfall zahlen, der aus einer behördlich angeordneten Quarantäne entstand. Das entschied der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim nach Angaben vom Dienstag und bestätigte so zwei Urteile der Verwaltungsgerichte Stuttgart und Karlsruhe. Geklagt hatten ein Arbeitgeber und ein selbstständiger Versicherungsmakler.
Im ersten Fall ging es um eine Mitarbeiterin, die wegen einer Coronainfektion im Oktober 2021 in Quarantäne musste. Im zweiten Fall musste der Makler selbst für mehrere Tage in Quarantäne. Beide Infizierten waren nicht oder nicht vollständig geimpft. Das Land lehnte die Erstattung der Verdienstausfallentschädigung in beiden Fällen ab und begründete das mit dem fehlenden Impfschutz.
Eine Entschädigung sei ausgeschlossen, weil die Quarantäne durch eine Impfung hätte vermieden werden können. Jeder habe in Baden-Württemberg bis zum 15. September 2021 die Möglichkeit gehabt, sich zweimal impfen zu lassen. Wer die Schutzimpfung nicht wahrgenommen habe, solle nicht auf Kosten der Allgemeinheit eine Entschädigung bekommen.
Diese Argumentation hatte vor Gericht aber keinen Bestand. Die Verwaltungsgerichte Stuttgart und Karlsruhe verurteilten das Land dazu, einmal 600 und einmal knapp 934 Euro Entschädigung für den Verdienstausfall zu zahlen. Die Quarantäne sei durch eine Impfung nicht mit der gesetzlich geforderten hohen Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen, weil die Impfstoffe nur zu etwa 75 Prozent vor Ansteckung schützten, erklärten sie.
Die Berufung des Landes wies der Verwaltungsgerichtshof nun zurück. Die Regelung über die Entschädigung fordere einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Impfung und der Vermeidung einer Quarantäne, erklärte er. Es komme dabei nur auf die Vermeidung einer Infektion und nicht auf das Erreichen weiterer, gesellschaftlich erwünschter Ziele wie etwa einer hohen Impfquote an.
Die im Herbst 2021 zugelassenen Impfstoffe hätten zu etwa 70 Prozent vor der Übertragung einer Infektion geschützt, was – anders als etwa bei der fast hundertprozentig schützenden Masernimpfung – dem Maßstab der hohen Wahrscheinlichkeit nicht genügte. Im Allgemeinen reiche für die Ablehnung einer Entschädigung der Wirksamkeitsgrad einer Schutzimpfung von 90 Prozent und mehr aus, erklärte der Gerichtshof.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Das Land kann sich noch mit einer Revision an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wenden.
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