Rhein-Kreis Neuss setzt Patientenverfügung 2.0 um

Das Kreisprojekt „Behandlung im Voraus planen“ wird im Johanniter Stift Meerbusch umgesetzt.

Rhein-Kreis Neuss – Für Marianne M. (82 Jahre) war ein selbständiges Leben und Wohnen zuhause nicht mehr möglich. Vor einem Vierteljahr erlitt sie mehrere Schlaganfälle und zog ins Johanniter Stift in Meerbusch ein. Die Pflegeeinrichtung ist mittlerweile die zwölfte Altenpflegeeinrichtung im Rhein-Kreis Neuss, die das Projekt „Behandlung im Voraus planen“ – kurz BVP – und damit ein neues Konzept zur Realisierung wirksamer Patientenverfügungen umsetzt. Hierzu ist seit Januar dieses Jahres die qualifizierte BVP-Gesprächsbegleiterin Christiane Klindt als externe Mitarbeiterin im Johanniter Stift tätig. Ziel von BVP ist, dass Menschen so behandelt werden, wie sie das wollen – auch wenn sie sich nicht mehr selbst dazu äußern können. „Wir stehen voll und ganz hinter diesem Projekt und möchten es für unsere Bewohner umsetzen“, betont Einrichtungsleiter Detlef Wacker.

Auch Marianne M. profitiert von dem neuen Konzept. Im Austausch mit der Gesprächsbegleiterin ging es um die Einstellung zum Leben, zu schwerer Krankheit und zu Behandlungswünschen bei einer lebensbedrohlichen Krise. Die Behandlungswünsche der Patientin wurden anschließend in einer aussagekräftigen Vorausverfügung zusammengefasst, die mit den Bevollmächtigten, dem Hausarzt und den Mitarbeitenden der Einrichtung besprochen wurde. Teil dieser BVP-Dokumentation ist die „Festlegung für den Notfall“, ein so genannter Notfallbogen. Hierin wird klar und übersichtlich aufgelistet, welches Verhalten in einem Notfall gewünscht oder nicht mehr gewünscht ist. Dieses Dokument gibt in einer medizinischen Krise dann allen Versorgenden – von den Pflegekräften und den Ärzten bis hin zum Rettungsdienst und Notarzt – Orientierung und Handlungssicherheit.

Kreisdirektor Dirk Brügge erläutert beim Treffen im Johanniter Stift: „Der Kreistag hat sich dafür eingesetzt, das Projekt BVP im Rhein-Kreis Neuss einzuführen, und unterstützt es seit Beginn 2020. Die Autonomie und die selbstbestimmte Teilhabe unserer Menschen sind uns wichtig.“ Zudem wolle der Kreis mit der regionalen Implementierung von BVP die Professionalisierung der gesundheitlichen Vorausplanung voranbringen. Seit Beginn des Projektes werden hierzu neben den Pflegeeinrichtungen besonders auch die Hausärzte, der Rettungsdienst und die Notärzte informiert und geschult. Flächendeckend sollen im Kreis auch gemeinsame Standards und Dokumente zur Vorsorgeplanung entwickelt werden.

Der Rhein-Kreis Neuss ist Modellregion für „Behandlung im Voraus planen“ und wird von Prof. Dr. Jürgen in der Schmitten vom Institut für Allgemeinmedizin an der Uni Essen unterstützt.  Bereits von 2008 bis 2011 engagierte sich in der Schmitten, der auch Hausarzt in Meerbusch ist, für das Vorgängerprojekt „beizeiten begleiten“ im RKN.

Für die regionale Umsetzung des Projektes BVP ist das Technologiezentrum Glehn GmbH (TZG) zuständig. Als Tochterunternehmen des Rhein-Kreises Neuss sind dort zurzeit fünf qualifizierte BVP-Gesprächsbegleiter beschäftigt, die als externe Mitarbeiter in die 12 Kooperationseinrichtungen gehen. Seit Herbst 2022 werden sie durch BVP-Koordinator Andreas Gerdes unterstützt, der für Informations-, Fortbildungs- und Vernetzungsarbeit im Kreis zuständig ist.

In diesem Jahr soll das Konzept in weiteren Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe eingeführt werden. Zudem soll es BVP-Beratungsangebote für interessierte Bürger geben, die nicht in Pflegeeinrichtungen leben. Da weitere qualifizierte Gesprächsbegleiter für BVP benötigt werden, sind Fortbildungsangebote für nicht-ärztliches Personal nach den Standards der ACP-Deutschland und auf der Basis der Gesundheitlichen Versorgungsplanung geplant.

Im Johanniter Stift waren Frau M. und ihre bevollmächtigte Tochter sehr dankbar für das Angebot von BVP. „Durch die Gesprächsbegleiterin sind wir gut durch die sensiblen Themen geleitet worden, wir konnten wichtige Fragen klären und fühlen uns vorbereitet“, betonten sie.

Interessierte finden weitere Informationen und Kontaktdaten der Ansprechpersonen unter dem Link www.bvp-rkn.de.

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