Eine von der Evangelischen Kirche in Deutschland beauftragte Studie zur Untersuchung von Missbrauchsfällen hat nach Einschätzung der Studienmacher nur eine stark eingeschränkte Aufklärung zur Zahl der Fälle erbracht. Es sei wegen der nur geringen Zahl der zur Verfügung stehenden Akten allenfalls „die Spitze der Spitze des Eisbergs“ aufgearbeitet worden, sagte Studienmacher Martin Wazlawik am Donnerstag bei der Präsentation in Hannover.
Aus den Akten ergibt sich demnach eine Zahl von 1259 Beschuldigten im Bereich von evangelischer Kirche und Diakonie sowie eine Zahl von 2225 Missbrauchsfällen. Dem Forschungsverbund standen aber deutlich weniger Akten zur Verfügung als etwa den Studienmachern der katholischen Studie zum sexuellen Missbrauch. So legte nur eine von 20 Landeskirchen umfassend Personalakten vor.
Wazlawik kritisierte als ein Ergebnis der Studie die negativen Folgen der heterogenen Struktur der evangelischen Kirche für Missbrauchsopfer. Diese führe dazu, dass mit den Betroffenen unterschiedlich umgegangen werde. „Das heißt, diese vielbeschworene evangelische Vielfalt hat hier ganz konkrete, oft nachteilige Folgen für die Betroffenen.“ So seien Verantwortlichkeiten häufig nicht klar erkennbar.
Ein unabhängiger Forschungsverbund unter dem Dach der Hochschule Hannover hatte in den vergangenen Jahren in mehreren Teilstudien unter anderem die Erfahrungen von Betroffenen, den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Kirche und die Häufigkeit solcher Fälle untersucht.
Die Missbrauchsstudie war im Jahr 2020 durch einstimmigen Beschluss der 20 Landeskirchen auf den Weg gebracht worden. Dabei waren nicht nur Pfarrer im Blick, sondern auch andere haupt- und nebenberufliche Mitarbeitende sowie Ehrenamtliche. Die Kosten der Untersuchung belaufen sich auf rund 3,6 Millionen Euro.
Beteiligt waren neben der Hochschule Hannover unter anderem die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, die Freie Universität Berlin und das Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf.
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