Wer vor einem als stark verspätet angekündigten Flug gar nicht erst zur Abfertigung erscheint, hat keinen Anspruch auf die pauschale Ausgleichszahlung von 250 Euro. Das gilt ebenso, wenn ein Passagier einen Ersatzflug nimmt und dadurch nicht so spät am Ziel ankommt, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Er beantwortete damit Fragen des deutschen Bundesgerichtshofs. (Az. C-474/22 und C-54/23)
Dieser muss über zwei Klagen von Passagieren entscheiden, die in den Jahren 2018 und 2019 von Düsseldorf nach Palma de Mallorca fliegen wollten. Ihre Flüge sollten mit deutlicher Verspätung starten. Die Passagiere entschieden sich darum, ihn gar nicht erst anzutreten. Der erste ging davon aus, dass er seinen Geschäftstermin ohnehin verpassen würde. Der zweite buchte noch einen Ersatzflug und kam mit weniger als drei Stunden Verspätung an.
Der erste Fluggast trat seine Ansprüche an den Rechtshelfer Flightright ab. Flightright und der zweite Passagier klagten in Deutschland gegen die Fluglinie Laudamotion, um jeweils 250 Euro Ausgleichszahlung zu erstreiten. Darauf haben Passagiere nach der europäischen Fluggastrechteverordnung Anspruch, wenn ihr Flug auf einer Kurzstrecke mindestens drei Stunden Verspätung hat.
In diesen beiden konkreten Fällen besteht der Anspruch aber nicht, entschied der EuGH nun. Wer sich gar nicht erst zum Flughafen begebe, habe keinen irreversiblen Zeitverlust erlitten. Derjenige sei nicht von der Pflicht befreit, sich zur Abfertigung einzufinden, denn auch der verspätete Flug solle ja stattfinden.
Die pauschale Zahlung solle Schäden wiedergutmachen, die für alle betroffenen Passagiere praktisch identisch seien, führte der EuGH aus. Ein verpasster Geschäftstermin sei aber ein individueller Schaden: Er könne womöglich durch einen nach nationalem Recht verhängten Schadenersatz ausgeglichen werden.
Auch der Passagier, der den Ersatzflug nahm, habe keinen Zeitverlust erlitten, für den er eine pauschale Ausgleichzahlung bekomme. Dass er einen anderen Flug suchen musste, sei keine große Unannehmlichkeit, wenn er dadurch früher ankam. In den konkreten Fällen muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Er ist dabei an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.
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