Eine Ausschreibung mit Genderstern richtet sich nicht nur an Frauen und Männer, sondern auch an Menschen, die sich keinem der beiden Geschlechter zuordnen. Aus der Ausschreibung können sie daher keinen Anspruch auf Diskriminierungsentschädigung ableiten, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschied. Danach müssen zudem öffentliche Dienststellen Schwerbehinderten nach Möglichkeit einen Ersatztermin anbieten, wenn diese an dem angebotenen Termin für ein Bewerbungsgespräch aus gewichtigen Gründen verhindert sind. (Az. 8 AZR 164/22)
Im entschiedenen Fall hatte eine Stadt in Hessen für ihre Ausländerbehörde „Fallmanager*innen im Aufenthaltsrecht“ gesucht. Darauf bewarb sich ein Mensch, der schwerbehindert ist und zudem zweigeschlechtlich geboren wurde. Er bezeichnet sich daher selbst als Hermaphrodit.
Die Stadt lud die Person zu einem Bewerbungsgespräch ein. Diese teilte mit, dass sie zu diesem Zeitpunkt „schon einen anderen Termin in Brandenburg“ habe und bat deshalb um einen Ersatztermin. Die Stadt antwortete, dass dies nicht möglich sei. Wegen mehrmonatiger Wartezeiten auf Termine in der Ausländerbehörde solle das Stellenbesetzungsverfahren nicht weiter verzögert werden, und die Auswahlkommission könne zeitnah nicht nochmals zusammenkommen.
Die Person erschien zu dem Termin nicht. Mit ihrer Klage forderte sie eine Entschädigung. Sie sei wegen ihres Geschlechts und auch ihrer Behinderung diskriminiert worden. Durch alle Instanzen blieb dies ohne Erfolg.
Das BAG betonte, die hier angegriffene Ausschreibung könne „nur dahingehend verstanden werden, dass sie sich an Menschen jedweden Geschlechts richten soll“. Der Genderstern symbolisiere nach allgemeinem Sprachgebrauch „alle Geschlechter“.
Dies umfasse auch die Gruppe der Hermaphroditen. Dass der Genderstern umstritten sei, spiele dabei keine Rolle. „Solche Bedenken beeinflussen nicht das Verständnis des durchschnittlichen Adressatenkreises der Ausschreibung“, hieß es in dem Erfurter Urteil.
Schwerbehinderte Menschen können bei öffentlichen Arbeitgebern die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch verlangen, wenn sie die fachlichen Anforderungen erfüllen. Hierzu urteilte das BAG, dass öffentliche Arbeitgeber auch einen Ersatztermin anbieten oder zumindest prüfen müssen, wenn die sich bewerbende Person „hinreichend gewichtige“ Verhinderungsgründe mitteilt.
Hier habe der Hinweis auf „einen anderen Termin in Brandenburg“ nicht erkennen lassen, dass dieser Termin besonders wichtig und unaufschiebbar war. Zudem sei hier ein rasches Besetzungsverfahren besonders dringlich gewesen.
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