Die Industrieproduktion hat ihre Talfahrt im Oktober fortgesetzt. Im Vergleich zum September ging sie um 0,4 Prozent zurück – das war der fünfte Rückgang in Folge, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mitteilte. „Das ist nicht nur der längste Rückgang seit 2008, sondern auch der niedrigste Stand seit der Pandemie“, erklärte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Jupp Zenzen.
Für September revidierten die Statistiker die Entwicklung leicht nach oben, es blieb aber bei einem satten Minus von 1,3 Prozent. Im weniger volatilen Dreimonatszeitraum von August bis Oktober ergibt sich so ein Rückgang um 1,9 Prozent im Vergleich zum vorherigen Dreimonatszeitraum.
Der Rückgang im Oktober sei zu einem Großteil auf die Entwicklung im Maschinenbau zurückzuführen, erläuterte das Bundesamt: In dieser wichtigen Branche schrumpfte die Produktion um 6,3 Prozent im Vormonatsvergleich. Allerdings war der Bereich im September um 3,9 Prozent gewachsen. Nach einem Einbruch im Vormonat legte die Autoindustrie um 0,7 Prozent leicht zu.
Das Bundeswirtschaftsministerium hob zudem einen starken Rückgang bei elektrischer Ausrüstung (minus 3,1 Prozent) hervor. Auch in den energieintensiven Bereichen der chemischen Erzeugnisse (minus zwei Prozent), Metallerzeugnisse (minus 1,2 Prozent) und Glas, Glaswaren und Keramik (minus 0,6 Prozent) ging die Produktion zurück.
Die reine Industrieproduktion – ohne die Bereiche Energie und Baugewerbe – nahm im Oktober um 0,5 Prozent ab. Die Energieerzeugung stieg stark um 7,1 Prozent. Die Bauproduktion sank um 2,2 Prozent.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat Oktober 2022 war die Produktion im produzierenden Gewerbe 3,5 Prozent niedriger. Die reine Industrieproduktion lag 3,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
„Bei dem Rückgang der Produktion in der Industrie im Oktober dürften Brücken- und Ferientage eine gewisse Rolle gespielt haben“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. „Aber auch ohne diese Sondereffekte zeigt sich eine schwache konjunkturelle Lage.“ Eine Trendwende zeichne sich zudem mit Blick auf die jüngsten Auftragseingänge ebenfalls nicht ab.
„Nicht nur die energieintensive Industrie verzeichnet Rückgänge, auch die Baubranche wird durch das hohe Zinsniveau und den Fachkräftemangel gebremst“, erklärte Zenzen von der DIHK. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, sieht hingegen vor allem ein „Nachwirken der historisch einmaligen Energiepreisschocks im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine“.
Dullien verweist zudem darauf, dass die Oktober-Daten mögliche Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds noch nicht erfassen. „Das Urteil des Verfassungsgerichts und die Reaktion der Bundesregierung, im Anschluss eine Haushaltssperre zu verhängen, dürfte in den kommenden Monaten für Unsicherheit und zumindest vorübergehende Investitionszurückhaltung der Unternehmen führen, was die Schwächephase in der Industrie verstärken und verlängern dürfte“, erklärte er.
„Die Daten dieser Woche bestätigen, dass es für die deutsche Wirtschaft nicht einfach sein wird, neue Wachstumsimpulse zu erhalten“, erklärte der ING-Analyst Carsten Brzeski. „Auch wenn das Schlimmste hinter uns zu liegen scheint, sieht die harte wirtschaftliche Realität nicht schön aus.“
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