Bundesgerichtshof kippt Klausel zu Zusatzkosten in Riester-Verträgen

Vereinbarungen über spätere Zusatzkosten in Riester-Verträgen müssen klar und deutlich sein.

Vereinbarungen über spätere Zusatzkosten in Riester-Verträgen müssen klar und deutlich sein: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe erklärte am Dienstag eine Klausel für unwirksam, wonach der Kunde vor Beginn der Auszahlung „gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten“ zahlen müsse. Sie sei nicht transparent genug, urteilte der BGH. Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist das Urteil für Hunderttausende Sparer von Bedeutung. (Az. XI ZR 290/22)

Im konkreten Fall ging es um Riester-Banksparpläne, die bei der Sparkasse Günzburg-Krumbach in Bayern abgeschlossen worden waren. Gegen sie und andere Sparkassen mit ähnlichen Klauseln in ihren Riester-Verträgen unter dem Namen „Vorsorge Plus“ ging die Verbraucherzentrale vor. Nur der bayerische Fall ging aber bis vor den Bundesgerichtshof.

Bei Riester-Verträgen zur Altersvorsorge gibt es eine Anspar- und eine Auszahlungsphase. Sparer können entscheiden, ob sie eine monatliche Rente bis an ihr Lebensende wollen, die sogenannte Leibrente, oder ob ihnen ein Teil des Geldes sofort ausgezahlt werden soll. Laut der strittigen Klausel in den Sonderbedingungen der Sparkasse sollten die möglichen Kosten anfallen, wenn nach der Ansparungsphase eine Leibrente vereinbart werde.

Die Klausel verstoße aber gegen das Transparenzgebot, entschied der Bundesgerichtshof. Sie stelle eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher dar. Diese müssten bei Vertragsabschluss schon erkennen können, was an Belastungen auf sie zukomme, betonte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger in der Verhandlung.

Nach Auffassung der baden-württembergischen Verbraucherzentrale können viele Verbraucherinnen und Verbraucher nun auf höhere Renten hoffen, weil „das angesparte Guthaben nicht durch den Abzug unzulässiger Kosten reduziert“ werden dürfe. Seit 2019 hätten sich immer mehr Menschen hilfesuchend an die Verbraucherzentrale gewandt, berichtete der Leiter der Abteilung Altersvorsorge, Banken und Kredite, Niels Nauhauser. Die Verbraucherzentrale schätzt, dass 700.000 bis 800.000 Sparer von dem Urteil betroffen sind – möglicherweise auch Kunden anderer Institute.

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken kündigte an, die Auswirkungen des Urteils zu prüfen. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband erklärte, das Urteil „selbstverständlich zur Kenntnis“ zu nehmen. Für eine Bewertung werde aber die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet.

Die 2002 eingeführte Riester-Rente steht seit Langem in der Kritik, unter anderem weil hohe Gebühren und die lange Zeit niedrigen Zinsen die Rendite schmälerten. Schon im April hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) die Kosten bemängelt, die Anbieter bei Beginn der Auszahlung erheben.

Wer „riestert“, soll unterstützt durch staatliche Zulagen Geld fürs Alter ansparen können. Nach aktuellen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums gibt es aktuell knapp 16 Millionen Riester-Verträge. Geschätzt ein Fünftel bis knapp ein Viertel davon ruhe, wird derzeit also nicht bespart.
© AFP

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