Krefelder Fachtag über Strategien gegen Schulabsentismus

Wenn Kinder und Jugendliche dauerhaft nicht zur Schule gehen, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf ihre Bildungsbiographie.

Krefeld – Eine chronische Schulabstinenz erschwert allerdings auch die spätere Berufslaufbahn. Die Stadt Krefeld steuert dem Problem des Schulabsentismus seit vielen Jahren mit zahlreichen präventiven Maßnahmen entgegen. Wesentlich ist dabei die Vernetzung der beiden Fachbereiche Schule, Pädagogischer und Psychologischer Dienst sowie Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung mit den Schulen und der Schulaufsicht.

Erst Ende des vergangenen Jahres hat das Regionale Bildungsbüro der Stadt Krefeld federführend ein Handlungskonzept Schulabsentismus als strukturellen Hilfsleitfaden für Lehr- und andere pädagogische Fachkräfte veröffentlicht. Um die grundlegenden Strategien gegen Schulvermeidung fortlaufend zu verfeinern, hat die Stadt am 19. Februar einen Fachtag unter dem Titel „Schulerfolg sichern – Schulabsentismus vermeiden“ folgen lassen. 180 Teilnehmende aus Verwaltung, Schulen, freien Trägern und weiteren beteiligten Akteuren wie beispielsweise der
Polizei haben dabei ihre fachspezifischen Impulse miteinander ausgetauscht. In diesem Rahmen haben Manuela Demant vom Fachbereich Schule und Matthias Finken vom Fachbereich Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung, bei dem die kommunale Schulsozialarbeit angesiedelt ist, dem Krefelder Fachpublikum auch das Handlungskonzept vorgestellt.

„Schulabsentismus ist ein dauerhaftes Phänomen, das nicht selten ganze Bildungskarrieren brechen lässt. Die Problematik fängt unter Umständen schon in der Grundschule an. Daher ist es so wichtig, dass wir uns dieser Herausforderung aus einer ganzheitlichen und multiprofessionellen Perspektive stellen“, sagte Stadtdirektor Markus Schön. Bei der Eröffnung des Fachtages gemeinsam mit Schulrätin Dagmar Schrader betonte er zugleich auch die umfassenden Bemühungen der Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren, zum Beispiel mit einer deutlichen Aufstockung der Schulsozialarbeit im Primarbereich. „Wir dürfen in dieser Thematik jedoch keinen Deut nachlassen. Deshalb begegnen wir dem Schulabsentismus in Krefeld mit strategischen Konzepten und entwickeln die präventiven Lösungsansätze ständig weiter. Über allem steht der klare Kurs: Wir wollen kein Kind zurücklassen. Denn jeder Bildungsabbruch ist einer zu viel“, so Markus Schön.

Auch Professor Dr. Heinrich Ricking von der Universität Leipzig stellte in seinem Auftaktvortrag die Konsequenzen von Schulabsentismus für die berufliche Zukunft heraus: „Häufige Fehlzeiten bleiben kein schulisches Problem. Schüler, die trotz Schulpflicht nur unregelmäßig oder gar nicht mehr am Unterricht teilnehmen, begeben sich zumeist in negative berufliche und soziale Entwicklungen.“ Ricking lehrt an der Universität Leipzig und gilt als bundesweit anerkannter Experte in der Forschung zum Schulabsentismus.

Schulabsentismus wurzelt in mehrgründigen Motiven, auch die Risikofaktoren sind vielschichtig und individuell. Ricking gliedert in drei Grundformen auf: das angstbedingte Meidungsverhalten, das aversionsbedingte Schulschwänzen und das elternbedingte Zurückhalten. Viele Kinder oder Jugendliche haben emotionale oder motivationale Probleme, aber auch Ängste und psychische Krankheiten können ursächlich sein. Nicht selten hängen der Einfluss der eigenen Familie oder Peergroup, also des unmittelbaren Freundkreises, sowie Lern- und Leistungsprobleme mit Schulvermeidung zusammen. „Bei Schulabsentismus handelt es sich nicht um ein homogenes Verhaltensmuster“, sagte Heinrich Ricking. So gebe es ebenfalls erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulformen und Altersstrukturen.

Im Anschluss hatten die Teilnehmenden des Fachtages die Gelegenheit, bereits bestehende praktische Handlungsansätze zu erkunden. Dazu konnten sie jeweils am Vor- und Nachmittag zwischen zwei verschiedenen Fachforen auswählen. Im ersten Workshop referierten Krefelder Schulleitungen und Schulsozialarbeitende zum Beispiel über digitale Dokumentationsinstrumente, die beim Umgang mit absenten Schülern unterstützen und die Grundlage für die Intervention bilden. Parallel dazu richtete Yvonne Rosenthal den Blick in ihrem Vortrag auf Schulabsentismus in der Grundschule. Rosenthal leitet die Abteilung Soziale Arbeit an Schulen bei der Diakonie in Düsseldorf. Sie illustrierte einige Praxisbeispiele und Handlungsoptionen zu schulvermeidendem Verhalten im Grundschulalter.

Am Nachmittag befasste sich ein Vortrag mit dem Rückführungsmanagement, also der Wiedereingliederung von schulabsenten Schülern. Unsicherheiten und Ängste begleiten diesen Prozess in aller Regelmäßigkeit. Drei Referentinnen vom Psychologischen Dienst der Stadt Krefeld berichteten über maßgebliche Faktoren, die einen Wiedereinstieg in den Schulalltag begünstigen. Matthias Finken stellte in einem weiteren Fachforum die Clearingstelle Schulabsentismus der Stadt Krefeld vor. Sie unterstützt die hiesigen Schulen schnell und unbürokratisch bei besonders schweren Fällen von Schulverweigerung, unterstützt von einem breiten Netzwerk weiterer Einrichtungen und Hilfsangebote.

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