Düsseldorf – 1904 im neoromanischen Stil gefertigt, war die Große Synagoge an der Kasernenstraße ein zentraler kultureller Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Düsseldorf. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie im Zuge der nationalsozialistischen Pogrome geschändet und zerstört. Gegen 22.30 Uhr wurde sie von den Nationalsozialisten in Brand gesteckt, später komplett abgerissen. Mit seiner Lichtinstallation „missing link_“ holt der Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball das bedeutende Bauwerk wieder in das Stadtbild zurück und erinnert an die Geschichte dieses Ortes. Zugleich soll sie einen Anlaufpunkt für das gemeinsame Gedenken und Zusammenkommen bieten.
Die Übergabe der Installation fand am Samstagabend, 9. November 2024, um 22.30 Uhr in Anwesenheit von Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller und Künstler Mischa Kuball statt.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: „Mischa Kuballs ‚missing_link‘ macht uns bewusst, was hier vor 86 Jahren geschehen ist: Wir eröffnen seine Lichtinstallation auf die Stunde genau 86 Jahre, nachdem die große Synagoge im Zuge der nationalsozialistischen Pogrome in Brand gesetzt wurde.“ Der Oberbürgermeister weiter: „Ich freue mich, dass dieses Kunstwerk, dieses Denkmal nun dauerhaft eine Leerstelle schließt. Es zeigt, wir in Düsseldorf vergessen nicht, wir mahnen. Wir halten die Erinnerung wach und lernen aus der Vergangenheit. Wir in Düsseldorf übernehmen Verantwortung für das Heute.“
Mischa Kuball: „Ich möchte das Augenmerk auf die zerstörte Synagoge und das ebenfalls zerstörte Rabbinerhaus der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf und Umgebung lenken, die Jahrzehnte ein Mittelpunkt Jüdischen Lebens waren. Die Lichtinstallation ergänzt dabei den eher schlicht gehaltenen Gedenkstein. ‚missing link_‘ nimmt die historische Bedeutung in den Blick und wird die Erinnerungen an das fehlende Element Jüdischen Lebens wachhalten.“
Große Glasplatte bildet Synagogenmotiv ab
Das Projekt an der Ecke Kasernenstraße/Siegfried-Klein-Straße wurde im vergangenen Jahr bereits als temporäre Installation realisiert. Nun wurde es mit neuer Konstruktion dauerhaft in Betrieb genommen. Für den Aufbau der permanenten Installation wurde der unauffällige, vor Ort bereits vorhandene Gedenkstein im August dieses Jahres zunächst abgebaut und eingelagert. Er kehrte am 29. Oktober 2024 an seinen Standort zurück. Die neue Installation ist 3,40 Meter breit, 12,20 Meter hoch und besteht aus einer 3 mal 9 Meter großen Glasplatte, die per Keramikdruckverfahren einen Ausschnitt aus dem historischen Synagogenabbild in schwarzer Farbe abbildet. Die Glasplatte ist über Stahlträger befestigt, ebenso wie die gegenüberliegenden Lichtquelle, die mithilfe eines Gobo-Objektivs das Motiv, den Gedenkstein sowie ein Fahrbahnstreifen beleuchtet. Das Gesamtgesicht der Installation beträgt 8,8 Tonnen – die Stahlkonstruktion machen 6 Tonnen und die Glasplatte 2,8 Tonnen aus.
Info-App zur Lichtinstallation
Eine eigens entwickelte Info-App ist ergänzend vor Ort über einen QR-Code oder über den Link https://missinglink-düsseldorf.de aufrufbar. Die App ist für die Mobilnutzung ausgelegt und auf dem Desktop nur lesbar, wenn das Browserfenster kleingezogen wird. In Bild und Text wird darin die Historie der Synagoge vermittelt: Zeitzeugen berichten eindrucksvoll in Sprach- und Videoaufnahmen und geben Einblicke in die Entwicklung der Jüdischen Gemeinde in der Stadt. Dabei wird auch die bedeutsame Rolle der Jüdischen Gemeinde im städtischen und kulturellen Leben verdeutlicht. Es werden die historischen Entwicklungen von der Fertigstellung der Synagoge über den aufkommenden Nationalsozialismus und die Zerstörung der Synagoge bis in die Gegenwart nachgezeichnet.
Zu Mischa Kuball
Mischa Kuball, geboren 1959 in Düsseldorf, lebt und arbeitet in der Landeshauptstadt. Seit 1977 arbeitet der Konzeptkünstler im öffentlichen und institutionellen Raum. Mithilfe des Mediums Licht erforscht er architektonische Räume und deren soziale und politische Diskurse. Er reflektiert unterschiedliche Facetten, von kulturellen Sozialstrukturen bis hin zu architektonischen Eingriffen, die den Wahrzeichencharakter und den architekturgeschichtlichen Kontext betonen oder neu kodieren.
Besonders sichtbar wird diese Intention in den Projekten „res.o.nant“ am Jüdischen Museum Berlin (2017-2019), mit „greenlight“ in einem ehemaligen Jüdischen Viertel in Montevideo (1999) und mit „refraction house“ in der Synagoge Stommeln (1994). Politisch motivierte und partizipative Projekte richten den Fokus auf die Verschränkung von öffentlichem und privatem Raum und stellen eine Plattform für die Kommunikation zwischen den Teilnehmenden, dem Künstler, dem Werk und dem urbanen Raum her.
Seit 2007 ist Mischa Kuball Professor für Public Art an der Kunsthochschule für Medien, Köln. Zuvor war er Professor für Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung/ZKM, Karlsruhe. Seit 2015 ist er Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Düsseldorf. 2016 wurde er mit dem Deutschen Lichtkunstpreis ausgezeichnet.