Verbände fordern vor UN-Klimakonferenz größere Anstrengungen – auch in Deutschland

Umwelt- und Entwicklungsverbände haben vor der UN-Klimakonferenz ab kommender Woche in Baku zu weltweit größeren Anstrengungen bei der Senkung der Treibhausgasemissionen aufgefordert.

Notwendig sei eine Emissionssenkung um 43 Prozent bis 2030, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, verwies WWF-Klimaexpertin Fentje Jacobsen am Dienstag in Berlin auf Berechnungen des Weltklimarats IPCC.

Stattdessen stiegen die Emissionen 2023 mit 57,1 Gigatonnen CO2-Äquivalente auf einen neuen Rekordwert. Selbst bei Umsetzung aller bisherigen Zusagen der Staaten beim Klimaschutz lasse sich bis 2030 nur eine Minderung um nur 2,6 Prozent erreichen, warnte die WWF-Expertin mit Blick auf UN-Schätzungen. Zwar komme der Ausbau erneuerbarer Energien aktuell gut voran, doch nicht im erforderlichen Tempo und beschränkt auf relativ wenige Länder. Außerdem würden vielerorts immer noch neue Kohlekraftwerke gebaut, kritisierte Jacobsen.

Auch Deutschland halte seine Verpflichtungen nach dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht ein, sagte der Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser. Die Ampel-Regierung habe ihre Arbeit bereits „mit einer Ambitionslücke“ hinsichtlich des Erreichens der nationalen Klimaziele für 2030 begonnen, inzwischen sei diese durch Zielverfehlungen vor allem in den Bereichen Verkehr und Gebäude noch gewachsen, das einst strengere Klimaschutzgesetz zudem an entscheidenden Stellen entkernt worden.

Kaiser forderte besonders Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, das Land beim Klimaschutz wieder auf Kurs zu bringen. „Scholz muss handeln“, drang der Greenpeace-Chef konkret darauf, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ausgerufene Alarmstufe für die Gasversorgung noch vor der UN-Konferenz in Baku wieder aufzuheben. Mit dieser werden unter anderem der weitere Ausbau der Flüssiggas-Infrastruktur, aber auch Pläne für neue Gasbohrungen vor Borkum und in Bayern begründet.

Zudem müsse die Bundesregierung in Baku „Treiber bei der Klimafinanzierung sein“, verlangte Kaiser größere Anstrengungen auch in diesem Bereich. Energisch widersprach er Forderungen aus der Union, aber auch von FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner, geltende Klimaziele und Maßnahmen zur Abkehr von fossilen Brennstoffen wie das Aus für neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor aufzuweichen oder aufzugeben. Beide hätten sich hier von „bisher geltenden gemeinsamen Positionen verabschiedet“.

Lindner hatte kürzlich in seinem umstrittenen Aufruf zu einer „Wirtschaftswende“ unter anderem die Streichung deutscher Klimaschutzmaßnahmen gefordert, die über europäische Vorgaben hinausgehen. Zudem solle sich die Bundesregierung für eine Aufweichung dieser europäischen Regeln einsetzen, etwa in den Bereichen Energieeffizienz, Gebäude und bei den Flottengrenzwerten für den CO2-Ausstoß neuer Autos.

Dies war auch bei SPD und Grünen auf Kritik gestoßen. Kaiser kritisierte, aktuell sei beim Thema Klimaschutz in Deutschland „der Diskurs von der Dringlichkeit des Handelns abgekommen“. Er warf vor allem Teilen der politischen Rechten vor, Hetze gegen Klimaschutzmaßnahmen „zum Kulturkampf erhoben“ zu haben. Dies gelte vor allem für die AfD, werde aber auch in Teilen der Union wie beispielsweise von CSU-Chef Markus Söder aufgegriffen und auch in der FDP.

Die zweiwöchige UN-Klimakonferenz beginnt am 11. November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku. Ein Schwerpunkt ist das Thema Klimafinanzierung.
© AFP

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