Antisemitismusbeauftragter berichtet im Bamberger Stadtrat

Der Antisemitismusbeauftragte der Stadt Bamberg, Patrick Nitzsche, hat in der vergangenen Sitzung des Bamberger Stadtrates am 24. Mai 2023 einen Einblick in seine bisherige Arbeit gegeben.

Bamberg – Patrick Nitzsche wurde am 26. Januar 2022 zum ehrenamtlichen Antisemitismusbeauftragten der Stadt Bamberg bestellt. In dieser Funktion ist er Ansprechpartner für Vorfälle mit (potentiell) antisemitisch motiviertem Hintergrund. Hierfür steht er in regelmäßigem Kontakt mit der Dienststelle der Polizeiinspektion Bamberg Stadt bzw. mit den Beamten der Kriminalpolizei Abteilung Staatsschutz. Nach etwas mehr als einem Jahr im Amt hat Nitzsche nun erstmals einen Einblick in seine bisherige Arbeit gegeben.

Insgesamt 15 Einzelfälle mit potentiell antisemitischem Hintergrund hat der Antisemitismusbeauftragte bislang betreut und bearbeitet, darunter eine Serie an Schmierereien mit verschwörungsideologischen Parolen auf Großplakatflächen im Bereich Ludwig-/Schwarzenberg-/Kunigundenruh- und Luitpoldstraße. Diese wurden Nitzsche von aufmerksamen Bürger:innen telefonisch mitgeteilt, teils von ihm selbst entdeckt und an die Kriminalpolizei weitergeleitet. Ein weiterer Vorfall ereignete sich schon im März 2022: Auf dem Zelt der Religionen am Markusplatz wurde ein Aufkleber befestigt, auf dem zu lesen war „Die neue Weltordnung ist eine jüdische Weltordnung. Nicht-Juden wehrt euch!“ Außerdem war darauf eine Karikatur eines Juden in Stürmermanier dargestellt. Der Hinweis auf den antisemitischen Inhalt des Aufklebers kam auch in diesem Fall von einer aufmerksamen Bürgerin. Nitzsche meldete den Vorfall nach Entfernen des Stickers der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS).

„Dass viele aufmerksame Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt an mich herantreten und mich auf antisemitische Vorfälle hinweisen, ist nicht nur ein Beleg dafür, dass auch in Bamberg Judenhass vorhanden ist, sondern auch ein Zeichen für die wachsende Wahrnehmung und Akzeptanz des Antisemitismusbeauftragten innerhalb der Bevölkerung“, so Nitzsche.

Seine Tätigkeit nimmt er aber nicht ausschließlich als Ansprechperson für gegen Juden gerichtete Vorfälle wahr. Sondern er setzt sich auch gegen andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein, insbesondere gegen Antiziganismus, und dies in enger Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Sinti und Roma in Bayern und akut Betroffenen. Zudem engagiert er sich als Schnittstelle der beiden jüdischen Gemeinden und anderen Religionsgemeinschaften zu Stadt und Stadtbevölkerung. Durch regelmäßige Workshops und Projekte an Schulen und in Vereinen in und um Bamberg setzt er sich nachhaltig für die Aufklärung über die verschiedenen Formen des Judenhasses sowie deren Bekämpfung im Alltag ein.

Um Fälle mit antisemitischem Hintergrund besser einordnen zu können, hat Nitzsche an den Bamberger Stadtrat appelliert, die nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) offiziell anzuerkennen und anzunehmen. Sie besagt, „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische und nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ Dem Aufruf ist der Stadtrat per Abstimmung des Beschlussvorschlags einstimmig nachgekommen. „Die IHRA-Definition ist letztlich auch für meine Arbeit ein sehr gutes Regulativ, um Antisemitismus einordnen und so besser bekämpfen zu können. Es ist ein wichtiger Schritt, den der Bamberger Stadtrat heute einstimmig unterstützt hat. Darauf ausruhen dürfen wir alle uns jedoch nicht!“, betont Nitzsche.

Bamberg war die erste Stadt in Deutschland, die mit Patrick Nitzsche einen eigenen kommunalen Beauftragten bestellt hat und ist mit der Annahme der IHRA-Definition auch weiterhin ein Vorbild für Städte im In- und Ausland.

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